Miteinander denken...? Qualitäten des Dialogs
Die Dialogische Haltung
Fast jeder hat schon einmal das Erlebnis gehabt, dass ein Gespräch ins Fließen kommt. Eine Situation, in der mein Beitrag Einsichten oder "Ahas" von anderen erweckt und ihre Beiträge dann wiederum zuvor unbekannte Gedanken und Einsichten in mir hervorrufen, wo etwas Neues, ein Fluss von Bedeutung durch das gemeinsame Gespräch einsteht. Im Gegensatz zu dem Üblichen: ich sage etwas, du sagst "Ja, aber..." oder "Das erinnert mich an...", wodurch sich das Gespräch auf einen Austausch von schon Erzähltem, Gedachtem reduziert und in wohlbekannten Mustern verbleibt. Ein fließendes Gespräch hingegen kann interessant anregend und angenehm sein, aber es ist noch nicht das, was wir unter "Dialog" verstehen. (...)
Unsere kulturelle Konditionierung legt uns nahe, als Wissende aufzu-treten. Die Haltung eines Lerners hingegen erfordert Offenheit von uns, Anfängergeist und die Bereitschaft, sich einzugestehen, dass ich nichts wirklich weiß. (...) Der Zen-Meister Shunryu Susuki hat es so formuliert: Im Anfängergeist gibt es viele Möglichkeiten. Im Geist des Experten gibt es wenige.
Martina & Johannes Hartkemeyer; L. Freeman Dhority: Miteinander Denken. Das Geheimnis des Dialogs. Stuttgart: Klett-Cotta, 1998, S. 42; 78.
Eine Veränderung kollektiver Denkmuster ist möglich
"Wo aber das Gespräch sich in seinem Wesen erfüllt, zwischen Partnern, die sich einander in Wahrheit zugewandt haben, sich rückhaltlos äußern und vom Scheinenwollen frei sind, vollzieht sich eine denkwürdige, nirgendwo sonst sich einstellende gemeinschaftliche Fruchtbarkeit. Das Wort entsteht Mal um Mal substantiell zwischen den Menschen, die von der Dynamik eines elementaren Mitsammenseins in ihrer Tiefe ergriffen und erschlossen werden. Das Zwischenmenschliche erschließt das sonst Unerschlossene.
Aus der Zwiesprache ist dieses Phänomen ja vielfach bekannt, aber auch im mehrstimmigen Dialog habe ich es zuweilen erfahren.
Martin Buber, Elemente des Zwischenmenschlichen, S. 293-297, in: Das dialogische Prinzip. Gerlingen: Lambert Schneider im Bleicher Verlag, 1997, S. 269-298.
Kernfähigkeiten des Dialogs
1. Die Haltung eines Lerners verkörpern
2. Radikaler Respekt
3. Offenheit
4. "Sprich von Herzen"
5. Zuhören
6. Verlangsamung
7. Annahmen und Bewertungen "suspendieren"
8. Produktives Plädieren
9. Eine erkundende Haltung üben
10. Den Beobachter beobachten
Martina & Johannes Hartkemeyer; L. Freeman Dhority: Miteinander Denken. Das Geheimnis des Dialogs. Stuttgart: Klett-Cotta, 1998, S. 79-95.
